Am Internationalen Weltfrauentag, oder Feministischen Kampftag, wie du es lieber nennen möchtest, wird weltweit auf die Rechte von Frauen aufmerksam gemacht. Doch während die einen Blumen kaufen und die körperliche Gewalt gegen Frauen oft sichtbar ist, bleibt eine andere Form der Gewalt oft unbemerkt: die sprachliche Gewalt. Sie beginnt subtil. In Alltagssituationen, in den Medien, im Berufsleben und sogar in der Familie. Doch Sprache hat nicht nur die Macht zu verletzen, sondern auch zu stärken. Wie können Frauen durch Kommunikation Grenzen setzen, ihren Selbstwert steigern und wie können alle Menschen sich gegenseitig unterstützen? Das liest du im heutigen Blog – für deine Töchter!
Wo beginnt sprachliche Gewalt gegen Frauen?
Sprache kann manipulieren, erniedrigen und kleinhalten. Das beginnt oft mit harmlos wirkenden Sätzen wie:
„Sei nicht so emotional.“ – Impliziert, dass Emotionen etwas Negatives sind.
„Du bist aber sensibel!“ – Bagatellisiert Gefühle und untergräbt das Selbstbewusstsein.
„Hast du das wirklich allein geschafft?“ – Lässt Kompetenz infrage stellen.
„Lächle doch mal!“ – Objektifiziert Menschen und reduziert sie auf ihr Äußeres.
Diese sprachlichen Mikroaggressionen sind oft unbewusst, haben aber eine große Wirkung: Sie erzeugen Unsicherheit, Zweifel und ein Gefühl der Unterlegenheit. Wer diese Form der Kommunikation erkennt, kann bewusst gegensteuern.
Gewaltfreie Kommunikation als Gegenmodell — für alle Menschen
Gewaltfreie Kommunikation (GFK) nach Marshall Rosenberg basiert auf vier zentralen Prinzipien:
- Beobachten ohne zu bewerten – Statt „Du bist immer so empfindlich!“ besser: „Ich habe bemerkt, dass dich diese Bemerkung verletzt hat.“
- Gefühle benennen – Statt „Du übertreibst!“ besser: „Ich spüre, dass dich das gerade trifft.“
- Bedürfnisse formulieren – Statt „Das ist doch nicht so schlimm!“ besser: „Ich brauche Respekt in unserer Kommunikation.“
- Konkrete Bitten äußern – Statt „Hör auf damit!“ besser: „Ich möchte, dass du mich ernst nimmst und meine Grenzen respektierst.“
Diese Art der Kommunikation hilft, Konflikte konstruktiv zu lösen und respektvollen Umgang zu fördern.
Klare Grenzen setzen – die Kraft der Sprache nutzen
Frauen werden oft dazu erzogen, harmoniesuchend und nachgiebig zu sein. Doch das Setzen von Grenzen ist essenziell, um Respekt und Gleichberechtigung einzufordern. Folgende Techniken in deiner Kommunikation können dich unterstützen, Gleichberechtigung vorauszusetzen:
Direkte Aussagen treffen: Statt „Ich weiß nicht, ob ich das kann…“ sagen: „Ich bin mir sicher, dass ich das kann.“
Nein sagen ohne Schuldgefühle: „Nein, das ist nicht mein Verantwortungsbereich.“ „Nein, ich habe keine Lust.“ „Nein, das will ich nicht.“ „Nein, das interessiert mich nicht.“
Unterbrechungen nicht hinnehmen: „Ich war noch nicht fertig mit meinem Satz.“
Komplimente annehmen: Statt „Ach, das war doch nichts…“ lieber: „Danke, das bedeutet mir viel.“ „Danke, das finde ich sehr aufmerksam.“
Selbstbewusste Sprache formt das Selbstbild. Wer sich selbst ernst nimmt, wird auch von anderen ernst genommen.
Die „Resonanz-Technik“ – Grenzen setzen ohne Eskalation
Eine noch wenig bekannte, aber äußerst effektive Methode zur gewaltfreien Kommunikation und zum klaren Setzen von Grenzen ist die Resonanz-Technik. Diese stammt aus der neueren Kommunikationspsychologie und basiert auf der Idee, dass wir nicht in den direkten Widerstand gehen, sondern den anderen spiegeln, um unsere Grenzen klarzumachen – ohne Aggression oder Rechtfertigung.
So funktioniert die Resonanz-Technik:
- Wiederholen mit leichtem Perspektivwechsel:
Wenn jemand übergriffig spricht oder dich manipulativ unter Druck setzt, wiederhole seine Aussage leicht verändert – aber aus deiner Perspektive. Dadurch wird dem Gegenüber bewusst, was er oder sie gerade sagt, ohne dass du direkt in Konfrontation gehst.
Beispiel:
- Person: „Ach komm, du übertreibst doch, so schlimm war das gar nicht.“
- Du: „Ich höre, dass du findest, es sei nicht schlimm. Für mich fühlt es sich aber unangenehm an.“
- Sachliche Ich-Botschaft statt Verteidigung:
Statt dich zu rechtfertigen oder emotional zu reagieren, bleibe sachlich und klar bei deiner eigenen Wahrnehmung.
Beispiel:
- Person: „Jetzt sei doch nicht so empfindlich.“
- Du: „Ich bin nicht empfindlich, sondern ich sage dir, dass mich das verletzt.“
3. Doppelte Grenze setzen:
Falls die Person weiterhin über deine Grenzen geht, kannst du die sogenannte doppelte Grenze setzen. Hierbei wiederholst du deine Position ruhig und bekräftigst sie mit einer konkreten Konsequenz.
Beispiel:
- Person: „Du musst das doch nicht so eng sehen.“
- Du: „Ich sehe es nicht eng, sondern ich respektiere meine eigenen Grenzen. Wenn du das nicht respektierst, werde ich mich aus diesem Gespräch zurückziehen.“
Warum funktioniert diese Technik so gut?
- Sie verhindert Eskalation, weil sie nicht anklagend ist.
- Sie macht dem Gegenüber bewusst, was er oder sie sagt, ohne Streit zu provozieren.
- Sie stärkt dein Selbstbewusstsein, weil du deine Grenzen klar formulierst, ohne dich zu rechtfertigen.
- Sie zwingt andere dazu, dich und deine Aussage ernst zu nehmen.
Die Resonanz-Technik ist besonders wirkungsvoll in beruflichen oder persönlichen Gesprächen, wenn du deine Position wahren willst, ohne in einen endlosen Schlagabtausch zu geraten.
Wie unterstütze ich andere Frauen und Mädchen?
Jede*r kann etwas tun, um Frauen zu stärken und sprachlicher Gewalt entgegenzuwirken:
Andere Frauen ermutigen: Respekt, Anerkennung und Unterstützung zeigen, wenn sie sich durchsetzen.
Sexistische Sprache hinterfragen: Kollegen oder Freunde auf abwertende Sprache hinweisen. Auch sich über andere lustig zu machen, zeigt eigentlich nur die eigene Schwäche auf.
Jungen Mädchen Selbstbewusstsein beibringen: Sie nicht für lautes oder selbstbewusstes Verhalten tadeln und ihnen nicht einreden, wie sie zu sein hätten, etwa “brav” und “ruhig”.
Rollenbilder hinterfragen: „Das ist nichts für Mädchen“ oder „Männer sind halt so“ sind Formulierungen, die überwunden werden müssen.
Sprache ist dein stärkstes Werkzeug
Sprache beeinflusst unser Denken, unser Handeln und unsere Gesellschaft. Indem wir alle lernen, klare Grenzen zu setzen, sich sprachlich nicht kleinmachen zu lassen und andere zu stärken, trägt jede:r aktiv zur Veränderung bei. Worte sind mächtig – nutzen wir sie für Respekt, Gleichberechtigung und Selbstbewusstsein!